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OLG Hamburg – Informationspflichten nach DSGVO – § 13 Abs.1 TMG unanwendbar

Seitdem die DSGVO anzuwenden ist, stellt sich die Frage nach dem Schicksal der anderen europäischen und nationalen Datenschutzvorschriften. Für die alte europäische Datenschutzrichtlinie und das BDSG alter Fassung ist die Frage schnell beantwortet. Sie wurden aufgehoben. Für die Datenschutzrichtlinie regelte das die DSGVO und für das BDSG alter Fassung das erste nationale Datenschutzanpassungsgesetz (Art.8), mit dem ein neues (auf die DSGVO abgestimmtes) BDSG verabschiedet wurde.

Die Datenschutzvorschriften der §§ 11 – 15a TMG wurden nicht aufgehoben. Sie sind weiterhin gültig. In welchem Ausmaß aber ihre Anwendbarkeit durch die DSGVO – wegen des Anwendungsvorrangs der DSGVO als dem höherrangigen EU-Recht – zurückgedrängt wird, ist umstritten und für jede einzelne Bestimmung der §§ 11 ff TMG zu bewerten. Das OLG Hamburg hat in einem prozessleitenden Beschluss (im Verfahren Akz. 15 U 90/19) klargestellt, dass § 13 Abs. 1 TMG durch die DSGVO verdrängt und seit dem 25.Mai 2018 nicht mehr anzuwenden sei.

1. Praktische Relevanz

Der Beschluss des OLG hat praktische Relevanz, denn von § 13 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs.1 TMG erfasst sind alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, die in Form von Bild-, Text- oder Toninhalten zur Verfügung gestellt werden und die nicht ausschließlich Telekommunikationsdienste oder Rundfunk sind. Die Regelung in § 13 Abs.1 TMG betrifft damit insbesondere Meinungsforen, Weblogs, Newsgroups und elektronische Bestell-, Buchungs- und Maklerdienste, das Telefon- und Internetbanking, mobile Bezahlsysteme, Handelsplattformen, Internet-Suchmaschinen und manches mehr.

2. Begründung

Zur Begründung seiner Rechtsauffassung führt der Senat an, dass Art.13 DSGVO die Informationspflichten des Verantwortlichen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten gegenüber den betroffenen Personen abschließend im Sinne einer Vollharmonisierung regele. Die Mitgliedsstaaten seien daher daran gehindert, die Inhalte der DSVO durch nationale Rechtsvorschriften zu verändern und das Datenschutzniveau der DSGVO zu unterschreiten der zu verschärfen (Beschluss RN 6).

Der Senat stützt seine Ansicht auch darauf, dass § 13 Abs.1 TMG der Umsetzung der europäischen Datenschutzrichtlinie gedient habe. Die aber ist von der DSGVO aufgehoben worden. Damit sei § 13 Abs.1 TMG die Grundlage entzogen worden und gleichzeitig habe der europäische Verordnungsgeber mit Art.13 DSGVO eine neue unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltende Rechtsvorschrift geschaffen (Beschluss RN 8).

Regelungsziel des Art.13 DSGVO sei, vor der Erhebung personenbezogener Daten die betroffenen Personen über die Datenverarbeitung zu informieren. Das sei auch das Ziel von § 13 Abs.1 TMG, so dass also der Zweck des § 13 Abs.1 TMG vom Zweck des Art.13 DSGVO vollständig erfasst werde (Beschluss RN 8). Unerheblich sei, dass § 13 TMG nur für Telemedien im Sinne des § 1 Abs.1 TMG gelte. Art.13 DSGVO ziele darauf ab, technologieunabhängig umfassend (teil-)automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, zu erfassen (Beschluss RN 6).

In jeder Hinsicht werde § 13 Abs.1 TMG also von Art.13 DSGVO erfasst und ersetzt.

Abweichungen von Art.13 DSGVO seien nur gestattet, wo dies von der DSGVO ausdrücklich vorgesehen ist. Heranzuziehen seien für diese Frage die Artt. 23 Abs. 1 Buchst. a-j), 85 Abs.2 (zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken) und 88 DSGVO (Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext – Arbeitsrecht). Deren Voraussetzungen bzw. Anwendungsbereiche hätten nicht vorgelegen.

3. Fazit

Für die Informationspflichten der überwiegenden Mehrheit der Webseitenbetreiber ist – mit OLG Hamburg – ausschließlich Art 13 DSGVO als Rechtsgrundlage heranzuziehen.

 

Datenschutzrecht | Telemedienrecht

Artt. 13 DSGVO, § 13 TMG

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